Freitag, 31. Januar 2014

Rezension: Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry

Dieses Buch war eine echte Challenge: Aufmerksamen Beobachter(inne)n ist nicht entgangen, dass es den ganzen Monat unter "Im Moment" stand. Das lag zum einen an der Seitenzahl, zum anderen an außerbloggigem Stress und zum wiederum anderen an einem schlechten Start in die Geschichte.


"Die unwahrscheinliche Pilgerreise von Harold Fry" von Rachel Joyce Fischer Verlage

378 Seiten

9,99 € (Taschenbuch)







Harold Fry ist vor Kurzem in Rente gegangen, nachdem er fünfundvierzig Jahre lang für dieselbe Firma gearbeitet hat. Seine Ehe dauert bereits noch länger an und seine Frau scheint sich nur um die Sauberkeit und Ordnung des Hauses zu kümmern, während sie ihren Sohn mehr schätzt als ihren Mann.

In diese verfahrene Vorstadtsituation platzt ein Brief einer alten Kollegin von Harold. Sie liegt in einem Hospiz im Sterben und möchte sich von ihm damit verabschieden. Harold verfasst einen kurzen Antwortbrief und macht sich auf den Weg zum Briefkasten. Unsicher lässt er einen Briefkasten nach dem anderen liegen, weil er das Gefühl hat, es wäre nicht genug. Bis er entscheidet, er wird quer durch Großbrittanien laufen, um seine Kollegin durch diesen Akt der Willensstärke vor dem Tod zu retten. Auf diese Idee hatte ihn eine junge Frau an einer Tankstelle gebracht. Hier beginnt Harolds Reise zur Grenze Schottlands und zu seiner Vergangenheit. Denn beim Laufen ist man mit seinen Gedanken allein.

Es hat sehr lange gebraucht, bis ich an dem Buch etwas besonderes finde konnte. Harold läuft und erinnert sich. Seine Erinnerungen sind jedoch stets nur Andeutungen und scheinen im Widerspruch zu den Beschreibungen seiner Frau zu stehen, deren Erleben parallel zu seiner Reise beschrieben werden. Es war etwas ermüdend und für mich ohne weitere Highlights.

Beim ersten Bruch in seiner Reise erfasste mich jedoch eine gewisse Begeisterung: Seine mentale Entwicklung schien im Einklang mit dem Geschehen zu stehen. Eine für mich eher klassische Technik in der Literatur, die ich aber sehr gut umgesetzt fand. Dadurch bekam die Geschichte etwas an Dynamik, während ich weiter ungeduldig darauf wartete, endlich die Wahrheit über Harolds Vergangenheit herauszufinden.

Die kam auch irgendwann - plötzlich, direkt, ohne Vorwarnung. Wenn auch nicht überraschend. Da es der einzige Spannungsbogen im Buch war, war es mir leider etwas zu wenig. Die Entwicklung von Harold fand ich gut, wenn auch nicht immer nachvollziehbar und etwas mystisch. Wer läuft auch einfach so los?

Seine Frau Maureen fand ich besser - das konnte ich nachempfinden und fand es realistisch. Insgesamt gefiel mir auch die Kernbotschaft (nach meiner Interpretation): Wer aus seinen Gewohnheiten ausbricht, hat die Chance sich mit sich und seinem Leben auseinander zu setzen und dabei glücklicher zu werden. Wir dämpfen viele Gedanken und Gefühle in der Geschäftigkeit des Alltags, die nicht gedämpft sondern gedacht und gefühlt werden sollten.

Insgesamt fand ich das Buch dennoch - für mich ganz persönlich - nett. Nach einigem Abwegen und hier und her überlegen, habe ich mich dennoch für vier von fünf Leseratten entschieden. Wegen der wunderbaren Einheit von Inhalt und Botschaft.

3 Kommentare:

  1. Habe das Buch vor ca. einem Jahr auch gelesen und fand es eigentlich sehr schön! Gut, die vielen Andeutungen zur Vergangenheit hätten etwas kürzer dargestellt werden können. Aber ansonsten hat es mir viel Spaß gemacht, Harold auf seiner Reise zu begleiten. :)

    LG Cat

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  2. ich muss sagen, dass ich das Buch gut fand, aber selbst erst nach einigen tagen und Wochen mehr darüber nachdachte, als direkt beim lesen und sehr viel daraus gespeichert blieb und mich zum Nachdenken brachte. Und das spricht doch für ein gutes Buch! ;)
    Liebe Grüße
    Martina

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  3. Danke für eure Kommentare! Wahrscheinlich habe ich es zur falschen Zeit gelesen - ich musste daran denken, als ich die vielen Kommentare zu Alex Frage bezüglich ein Buch abbrechen ja oder nein gelesen habe. Wie man Bücher wahrnimmt, hängt auch viel von dem aktuellen Befinden und der aktuellen persönlichen Situation ab. Vielleicht nehm ich es irgendwann noch einmal in die Hand, wenn ich etwas mehr Zeit habe, es wirklich auf mich wirken zu lassen. LG Susi

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